Jahresberichte

2023

Das vergangene Jahr (2022) endete für uns zumindest insofern mit einer erfreulichen Nachricht, als wir mit unserem jährlichen, nunmehr an Schulen stattfindenden Briefmarathon in Oberursel und Umgebung (Frankfurt International School, Kettler-La Roche Schule, Feldbergschule und Heinrich-von Kleist-Schule in Eschborn) erneut einen Rekord gebrochen haben. Dank des Einsatzes der Lehrer und Schüler konnten wir in Summe 935 Briefe sammeln und an die verantwortlichen Regierungen und Regime (Bangladesch, Iran, Kuba, Marokko, Russland, Frankreich, China, Kamerun, Paraguay und Simbabwe) schicken.

Unsere Präsenz an den Schulen setzten wir im neuen Jahr Ende März fort, indem wir im Rahmen eines an der Heinrich-von-Kleist-Schule in Eschborn durchgeführten Projekt-Tages („Tag der Demokratie“) Schüler der 12. Jahrgangsstufe über Entstehungsweise, Funktion und Bedeutung der Menschenrechte unterrichteten. Der von uns durchgeführte mehrstündige „Workshop“ erhielt von Seiten der beteiligten Schüler äußerst positive Resonanz.

Nach der Beendigung aller Corona-Restriktionen konnten wir 2023 wieder deutlich im öffentlichen Raum aktiv sein. So konnten wir im August Öffentlichkeitsarbeit leisten, indem wir bei einem vom Oberurseler-Kultur-Verein Kunstgriff durchgeführten Open-Air-Kino als Thekendienst aushalfen und für unsere Arbeit warben. Im nächsten Jahr möchten wir dort einen Kinofilm mit Bezug zu unseren Adoptivgefangenen (s. u.) zeigen und für unsere Petitionen werben. Weiterhin waren wir in der Öffentlichkeit als Amnesty sichtbar, indem wir dem Aufruf eines Bündnisses von verschiedenen Oberurseler Gruppen, Vereinen, Kirchen und Gewerkschaften folgten und Ende August an einer Gegendemonstration gegen eine Wahlkampfveranstaltung des AfD-Bundesverbandes in der Oberurseler Stadthalle teilnahmen. Die Demo stand unter dem Motto „Oberursel ist Bunt statt Braun“. Schließlich führten wir im September einen Amnesty-Bücherflohmarkt in der Adenauerallee durch, sammelten Unterschriften für unsere Einzelfälle sowie Spenden und traten mit Interessierten in Austausch über unsere tägliche Arbeit.

Unseren jährlichen Amnesty-Gottesdienst hielten wir 2023 im Oktober in der Auferstehungskirchengemeinde ab. Der Gottesdienst stand unter dem Motto des Spruches (31, 8) „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind“. Anstelle der Predigt haben wir auf dem auch musikalisch begleiteten Gottesdienst die Fälle unserer beiden Adoptivgefangenen sowie einer iranisch-deutschen Frauenrechtlerin, Nahid Taghavi, vorgestellt. Sie wird vom iranischen Regime nicht nur wegen ihrer Arbeit als Frauenrechtlerin, sondern auch als Teil einer Strategie der „Geisel-Diplomatie“ festgehalten, um die Rücknahme von Deutschland beschlossener Sanktionen zu erzwingen. Die zu den Fällen ausgelegten Petitionen wurden von der Gemeinde kräftig unterstützt. Beim anschließenden Kirchenkaffee waren wir erfreut über den regen Austausch über unsere Arbeit und die vorgestellten Einzelfälle.

Als Adoptivgefangene betreuen wir nach wie vor zwei Häftlinge, die im US-Militärgefängnis Guantanamo gefangen gehalten werden, nämlich Ammar al-Baluchi und Toffiq al-Bihani. Toffiq al Bihani wird mittlerweile seit über 20 Jahren in Haft gehalten, obwohl die US-Behörden deutlich gemacht haben, dass sie keine Absicht haben, ihn anzuklagen. Seine Repatriierung in den Yemen wurde bereits von der Obama-Administration versprochen, aber nie umgesetzt. Ammar Al-Baluchi, dem die Todesstrafe droht, wartet dagegen nach wie vor auf seinen Hauptprozess. Dort können womöglich auch „Beweismittel“ gegen ihn verwendet werden, die unter Anwendung von Folter erlangt wurden.

Zu ihren Gunsten haben wir uns im September mit Teilnehmern aus anderen Amnesty-Gruppen in Frankfurt und Umgebung vor dem amerikanischen Generalkonsulat öffentlich versammelt und eine Mahnwache abgehalten. Hier haben wir unter anderem auch die Schließung des Guantanamo-Lagers gefordert. Durch Unterstützung eines Mitglieds der Antifolter-Koordinationsgruppe von Amnesty und eines Megafon-Einasatzes konnten wir das recht weitläufige und an diesem Tag leider wenig frequentierte Konsulats-Gelände in Frankfurt wenigstens deutlich beschallen.

Im September zeigten wir in der „bluebox portrasse“ den Spielfilm „Unterm Sternhimmel“, der das Thema Migration zum Thema hatte und über die Diaspora Senegals berichtete. Wie immer war der Eintritt in das „Dienstagskino“ kostenfrei.

Schließlich konnten wir diesen Monat in der katholischen Kirche in Stierstadt (St. Sebastian) die aktuelle Amnesty-Ausstellung „alle Menschen“ präsentieren, die anlässlich des 75. Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) Ereignisse dokumentiert, die im Zusammenhang mit der weltweiten Proliferation des internationalen und regionalen Menschenrechtsschutzes (EMRK etc.) in Verbindung stehen. Die Ausstellung erfolgte in Kooperation mit der IGS-Stierstadt. So wurde die Ausstellung auch außerhalb der Gottesdienste von Schülerinnen und Schülern besucht. Die gleiche Ausstellung wurde dann auch in der Heinrich-von Kleist-Schule in Eschborn in der Woche vom 8.12. samt begleitender Vortragsveranstaltung gezeigt.

2022

Zum Ende des letzten Jahres führten wir, wie jedes Jahr und trotz Corona, den um den internationalen Tag der Menschenrechte stattfindenden Briefmarathon an verschieden Schulen durch, indem wir Anleitung gaben und die Materialbesorgung organisierten. Der Marathon wurde in der Frankfurt International School (FIS), in der Kettler-La-Roche Schule sowie in der Integrierten Gesamtschule Stierstadt (IGS) durchgeführt. Dank des Einsatzes der Lehrer und der Schüler konnten erfreulicherweise in Summe 778 Briefe gesammelt und an die Verantwortlichen weltweit versendet werden. Es handelt sich damit um das beste Ergebnis, das wir je bei einem Briefmarathon in Oberursel erreichen konnten.

Unser im Frühjahr 2022 an die Jahresversammlung gestellte Antrag, an die verantwortlichen Stellen in der Bundesregierung und in der EU mit dem Appell heranzutreten, die Praxis der Zurückweisung von Flüchtlingen an den Außengrenzen der EU (Pushbacks) einzustellen und auch die auf Geheiß der EU erfolgende Verhinderung der Ausreise an den Küsten Libyens (Pullbacks) zu beenden, wurde in modifizierter Form angenommen.

In der Feldbergschule waren wir im Mai präsent mit einer Veranstaltung zum Thema „Unternehmen und Menschenrechte“, bei dem uns der Chefredakteur der Zeitschrift „Welt-Sichten“ zur Verfügung stand. Die Inhalte der Veranstaltung wurden, wie uns berichtet wurde, auch im Unterricht aufgegriffen.

Unter dem Motto „Aufgeben ist keine Option“ konnten wir dieses Jahr wie geplant unser 50-jähriges Jubiläum nachfeiern. Dies geschah in Kooperation mit anderen Oberurseler Gruppen und Institutionen (insbesondere dem internationalen Verein Windrose und dem Kulturverein Kunstgriff) und fand im August im Kreise eines internationalen Begegnungsfestes statt. Neben eigenen Festreden und Dankesreden von Flüchtlingsfamilien, die wir in der Vergangenheit betreuten, sorgten die anderen Vereine für die internationale Musik und die Verpflegung im Rushmoorpark. Begleitet wurde unsere Veranstaltung von einer Freiluft-Ausstellung zu 60 Jahren Amnesty und 70 Jahren Allgemeine-Erklärung der Menschenrechte (AEMR) im Amnesty-Bühnenbus.

Im Mai gaben wir (Heide André als unsere Gründerin, Eva Beyer als frühes Mitglied und Rusen Cikar als heutiger Gruppensprecher) außerdem ein Interview zur Geschichte unserer Gruppe und Amnesty insgesamt. „Menschenrechte, wir müssen reden“ lautet der Titel der Sendung. Das Interview, das vom Verein Windrose durchgeführt wurde, ist auf unserer Homepage sowie auf YouTube abrufbar (derzeit 95 Aufrufe).

Nach wie vor setzen wir uns für zwei Häftlinge im US-Militärgefängnis Guantanamo ein, indem wir Appellbriefe und Petitionen auf unseren Veranstaltungen verteilten. Zudem veröffentlichten wir einen Artikel auf unserer Homepage, der die Umstände der beiden Fälle näher darlegt: Toffiq al Bihani wird mittlerweile seit knapp 20 Jahren in Haft gehalten, ohne dass bis heute eine Anklage erhoben oder zu erheben beabsichtigt wurde. Seine Überstellung in ein aufnahmebereites Land wurde bereits von der Obama-Administration versprochen, aber nie umgesetzt. Gegen Ammar Al-Baluchi, dem die Todesstrafe droht, läuft dagegen auch bis heute, nach 20 Jahren, kein Hauptprozess. In einem von Militärrichtern- und Anklägern besetzten Gericht, soll ihm der Prozess gemacht werden. Dabei sollen auch „Beweismittel“ gegen ihn verwendet werden, die unter Anwendung von Folter erlangt wurden. Das alles entspricht nicht den rechtstaatlichen Mindestanforderungen der Verfahrensfairness.

Im Oktober zeigten wir in der „bluebox portrasse“ den Spielfilm „Rafaël“, der den arabischen Frühling in Tunesien und die hierauf folgende Flüchtlingssituation zum Thema machte. Wir stellten Einzelfälle dar und warben um Spenden. Wie immer war der Eintritt in das „Dienstagskino“ kostenfrei.

Im November (zum ersten Advent) hielten wir unter dem Motto des Kirchenlieds “‘Macht hoch die Tür …’ für unschuldig Inhaftierte” unseren gemeinsamen Amnesty-Gottesdienst in der Kreuzkirche in Bommersheim. Neben unseren beiden Guantanamo-Einzelfällen machten wir auf den uigurischen Intellektuellen Ilham Tohti und den Oppisitionellen José Daniel Ferrer García aufmerksam. Die Petitionen wurden kräftig unterstützt, die Kollekte für den Gottesdienst ging an unsere Gruppe.

2021

Wie jedes Jahr hatten wir – trotz Corona – auch den letzten „Briefmarathon“ 2020 an zwei Schulen erfolgreich, allerdings ohne unsere direkte Präsenz, dank des Engagements der Schülerinnen und Schüler durchführen können. Für fünf Gefangene oder Personen in Gefahr, die sich selbstlos für die Rechte anderer eingesetzt hatten, wurden 114 Appell-Briefe verschickt. Auch 2021 führen wir den Briefmarathon um den Tag der Menschenrechte am 10. Dezember in Zusammenarbeit mit Oberstufen von weiterführenden Schulen durch (siehe dazu den eigenständigen Bericht).

Corona hat unsere Aktivitäten zwar behindert, aber nicht zum Erliegen gebracht. Von Januar bis August konnten wir uns als Gruppe nur digital per Video-Konferenz treffen. Der normalerweise im ersten Halbjahr von uns mitgestaltete Gottesdienst, bei dem wir immer statt Predigt drei besonders berührende Schicksale zur Unterstützung vorstellen, findet jetzt erst im Dezember statt, wenn Veranstaltungen generell wieder durchführbar sind.

Im Mandat von Amnesty ist Klimaschutz das Recht der Menschen auf eine gesunde, intakte Umwelt und Natur, die als Lebensgrundlage dauerhaft erhalten werden muss und nicht kurzfristiger Interessen zuliebe zerstört werden darf. Dieses Verständnis hat unsere Gruppe bewogen, auf der Jahresversammlung (JV) der Mitglieder im Mai den Antrag auf gezielte Aktionen der deutschen Sektion zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen der Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl zu stellen. Dieser Antrag wurde mit einem ähnlichen Antrag vereinigt und mit großer Mehrheit der Delegierten angenommen. Er floss in die Kernforderungen von Amnesty an die Parteien anlässlich der Bundestagswahl ein. Folgerichtig haben wir uns auch an den bundesweiten Demonstrationen „Alle fürs Klima“ am 24.9.2021 beteiligt.

Der andere Schwerpunkt unseres Engagements für die Menschenrechte war der Einsatz für zwei Häftlinge im US-Militärgefängnis Guantanamo auf Kuba.

Der eine, Toffiq al Bihani, um Ende 2001 wegen illegalen Aufenthalts im Iran verhaftet und den Amerikanern in Afghanistan 2002 übergeben, wo er in geheimer CIA-Haft bis Ende 2002 drei Monate lang schwer gefoltert worden war. Anfang 2003 wurde er nach Guantanamo überstellt und in Haft gehalten, ohne dass bis heute eine Anklage erhoben oder zu erheben beabsichtigt wurde.

Der andere, Ammar-al-Baluchi, soll Geld an Männer überwiesen haben, die an den späteren Flugzeugentführungen beteiligt gewesen sein sollen. 2003 wurde er in Pakistan entführt, worauf er drei Jahre lang in geheimen CIA-Gefängnissen brutal gefoltert wurde, bevor man ihn 2006 nach Guantanamo überstellte. Gegen ihn wurde zwar Anklage mit Forderung der Todesstrafe erhoben, doch ein Gerichtsverfahren wurde bis heute selbst vor einem Militärtribunal (der so genannten Militärkommission) nicht angesetzt. Man fürchtet wohl, dass dann die Geständnisse unter Folter zu keiner Verurteilung führen würden und das Ansehen der USA leiden könnte.

Mit einer Mahnwache vor dem Eingang des US-Konsulats in Frankfurt machten wir auf das grausame Schicksal dieser Gefangenen öffentlich aufmerksam. Appellbriefe zu beiden Häftlingen an verschiedene Adressen in den USA, in Deutsch oder Englisch, können von unserer Webseite (siehe unten) herunter geladen werden.

Den wirtschaftlich-sozialen und kulturellen Menschenrechten widmeten wir – in Zusammen- arbeit mit der Stadt Oberursel – eine Ausstellung zu „Fairtrade und Welthandel“ und einen Filmabend im Filmstudio des Jugendcafés mit dem preisgekrönten Film „Kapernaum: Stadt der Hoffnung“.

Dieses Jahr feiert unsere Gruppe ihr 50-jähriges Bestehen im Stillen. Wir planen aber aus diesem Anlass eine öffentliche Konzertveranstaltung für eine mehr jüngere Zielgruppe im kommenden Jahr, wenn auch Amnesty ihr 60-jähriges Bestehen groß im Schauspielhaus Frankfurt feiern wird.

 

2020

Unsere verstärkte Zusammenarbeit mit Schulen noch Ende 2019 war sehr erfolgreich. Wir konnten uns so im Rahmen des Briefmarathons in über 1000 Briefen für 5 verfolgte junge mutige Menschen einsetzen.

Leider brach Mitte März die Coronakrise über uns herein und hat unser Engagement sehr ausgebremst. Doch noch vor dem Stillstand durch Corona konnten wir Anfang März einen Workshop zu Menschenrechten an einer Fachschule für Sozialwesen und Sozialpädagogik für 40 erwachsene Schülerinnen und Schüler mit Erfolg durchführen. Andere geplante Aktionen mussten wir verschieben. Dazu gehört ein Gottesdienst mit unserer Mitgestaltung, eine Ausstellung zum Thema „Fairer Handel“ verbunden mit einem Vortrag zu Menschenrechten und Welthandel (Stichwort: Lieferkettengesetz) für Oberurseler Oberstufenschüler, sowie weitere Workshops an Schulen.

Ab Juni konnten wir uns als Gruppe wieder treffen und einen Filmabend im September unter Corona-Bedingungen organisieren. Wir zeigten den Film „Yves’ Versprechen“, der die verzweifelten, oft vergeblichen Bemühungen von afrikanischen Migranten dokumentiert, die wirtschaftliche Not ihrer Familien in Afrika durch einen Job in Europa zu lindern.

Wir haben 2020 zum erneuten Male uns der Fälle von „Adoptivgefangenen“ angenommen. Mit unserer „Adoption“, namentlich von zwei Häftlingen im US- Gefangenenlager Guantanamo Bay, wollen wir uns für diese zu Unrecht ohne Anklage festgehaltenen Personen bis zu ihrer Freilassung oder bis zum Abschluss eines wirklich fairen Prozesses laufend mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen einsetzen.

Amnesty tritt auch für einen effektiven Klimaschutz ein. In diesem Zusammenhang beteiligten wir uns auch an einer Demonstration auf Fahrrädern in Bad Homburg mit einer Abschlusskundgebung im Kurpark.

Seit November trifft sich die Gruppe zu seinen monatlichen Gruppentreffen im Videochat.

Der jährliche Briefmarathon zugunsten von Menschenrechtsaktivist*innen fand im Dezember 2020 trotz erschwerter Bedingungen statt. Der Marathon wurde in der Maria-Ward-Schule in Bad Homburg sowie in der Kettler-La-Roche Schule in Oberursel durchgeführt, wodurch erfreulicherweise insgesamt 114 Briefe gesammelt und an die Verantwortlichen in aller Welt versendet werden konnten.

9. Januar 2024